Hilfsmittel zur Teambildung

Aus der Praxis für die Praxis

Ein Kompass kann mehr als nur die Richtung anzeigen. Mit ihm können in der Gruppe Aufgaben bewältigt werden, die alleine nicht machbar sind. Auch hier hat die Bundeswehr einige interessante Beispiele für das Zusammenspielen eines Teams.

Einteilung in Gruppen

Zu Beginn meiner Ausbildung in Idar Oberstein wurden wir im Hunsrück zuerst in Gruppen eingeteilt. Vier Personen bildeten eine Gruppe. Gegen Abend erhielt ein Mitglied der Gruppe eine Karte, ein anderer den Kompass. Wir bekamen einen verschlossenen Umschlag mit der zu erledigenden Aufgabe und wurden in einen Bus gesetzt und mussten in regelmäßigen Abständen gruppenweise den Bus verlassen. Jetzt hieß es schnell sein. Einen Karte-Geländevergleich hatte man schon im Bus gemacht, man ist ja schließlich nicht auf den Kopf gefallen, doch nun musste man das restliche Tageslicht so weit als möglich noch ausnutzen. Einen Kompass im Bus zu nutzen war sinnlos. Warum wohl?
Nun war man in der "Pampa", weit und breit kein Haus, nur Kusselgruppen (sprich Gebüsch, Sträucher und Hecken). Die erste Aufgabe war nicht sonderlich schwer. Wir mussten einen gewissen Stationspunkt bis zum Zeitpunkt X erreichen.
Einer übernahm die Führung, er hatte die Karte, den Kompass und die Verantwortung. Wir kannten unsere Koordinaten und unser Ziel.
Als Erstes erfolgte das Einnorden der Karte, dann der genaue Karten Gelände-Vergleich. Wir suchen uns aufgrund der Topographie einen geeigneten Weg oder wir bestimmen mit unserer Marschrichtungszahl den Weg zum nächsten Hilfsziel. Wie das geht habe ich bereits beschrieben.
Natürlich werden beim Militär Koordinaten nicht so einfache herausgegegeben. Koordinaten werden verschlüsselt. Entweder durch einen Code, den man aber erst wieder entschlüsseln muss, und das kann immer etwas Zeit in Anspruch nehmen, oder man verwendet das sogenannte Bezugspunktverfahren.
Es werden bestimmte Kreuzlinien auf dem UTM Gitter mit großen Buchstaben gekennzeichnet (A, B,C,.). Ich erhalte nur noch die Koordinaten in Bezug auf diesen Standort. Ich bestimme zuerst den Rechtswert, dann den Hochwert. Wobei die Koordinaten willkürlich auf der Karte verteilt, in unregelmässigen Zeitabständen vertauscht werden und die Koordinaten beliebig weit von diesen Bezugspunkten entfernt sind.

Interessant werden die Möglichkeiten erst, wenn auch beim Anlaufen der Stationen bestimmte Aufgaben zu erledigen sind.

  • das Messen von Strecken, Höhen und Richtungen
  • Ermitteln des eigenen Standortes auf einer Wiese


  • Kenntnisse in Erster Hilfe
  • wer zu spät kommt den bestraft das Leben, dh. das Essen wird nicht mehr "serviert" - das übt natürlich Gruppendruck auf den Mitarbeiter mit der Karte aus
  • Das Marschieren bei Nacht mit Taschenlampen wird nur zur Orientierung genutzt und nicht zum Ausleuchten des Weges. Das bringt auch nicht viel. Nach einiger Zeit kann man einigermassen gut auch ohne Licht sehen. Man bedenke aber, Strecken, der Wald und Geräusche wirken in der Nacht ganz anders als am Tag. Man sieht nicht die Wurzeln, die sich einem hinterlistig als Stoperfallen in den Weg legen. Steine, Büsche, Unterholz, all das wirkt ganz anders als am Tag.
  • Die Station ist nur zeitweise besetzt
  • an den Stationen werden auch die Karten abgenommen. Aufgrund der Marschrichtungszahl muss man den nächsten Punkt erreichen (hier sollte man genau arbeiten :))
  • man bekommt statt der Karte einen Schnipsel, einen beliebigen Kartenaussschnitt (zweckmässig ist hier eine Kopie und nicht das Original der Karte) und marschiert zum nächsten Ziel


Beispiel für einen möglichen Orientierungsmarsch zu Teambildungszwecken

Im Laufe meiner Bundeswehrzeit gab es viele Ausbildungstage, an denen ich diese Tipps selber mitgemacht habe. Entweder als Rekrut, als Offizieranwärter oder später als Ausbildungsleiter.
Grundsätzlich sind hier der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Die Orientierungsausbildung mit Karte und Kompass, wie gehe mit einem Schrittzähler um und was ist ein Kartenmesser sollte man schon mitbringen und für den Einstieg zumindest grundsätzliche Kenntnisse in der Orientierung vorweisen können.

Folgende Szenarien sind von meiner Seite sinnvoll um ein Team aufzubauen.

  1. Einteilung in kleine Gruppen
    Es macht keinen Sinn mit einer großen Gruppe, die als wilde Horde durch den Wald stapft, eine Orientierungsübung durchzuführen. In der Regel "schnappt" sich dann einer die Karte und den Kompass und alle folgen ihm. Wohin er auch geht. Sicher, es werden beim Hinterherlaufen interessante Gespräche geführt, doch das kann ich auch im Büro tun. Es geht hier aber nicht ausschließlich um schöne Gespräche sondern um Teambildung. Durch kleine Gruppen mit zwei bis vier Personen können Probleme, die nicht alltäglich sind, gemeinsam gelöst werden.
  2. Aussetzen an verschiedenen Orten oder zeitlich verzögerter Start
    Bei meiner Ausbildung zum Offizier in Idar-Oberstein hatte sich mein Ausbildungsleiter immer wieder was Neues ausgedacht. Wenn alle Teilnehmer zur gleichen Zeit zum Orientierungsmarsch starten, dann laufen auch alle Gruppen nebeneinander her. Zumindest, wenn Sie das gleiche Ziel haben. Man muss daher unterschiedliche Startzeiten einplanen. Hier ist zu beachten, dass der zeitliche Abstand groß genug ist um nicht der vorherigen Gruppe auf Sichtweite aufzulaufen oder einfach nur zu folgen. Oder man gibt den Gruppen unterschiedliche Ziele vor (in Form von Koordinaten oder von Marschrichtungszahlen).
    Was aber noch interessanter ist, man fährt die gesamte Gruppe mit einem Bus in das Startgebiet und setzt die einzelnen Gruppen einzeln ab. Alle 400 Meter hält der Bus an und entlässt die kleinen Gruppen. Diese sind dann auf sich alleine gestellt - mit der Karte und dem Ziel.
  3. Welche Möglichkeiten bestehen?
    Verschieden Aufgabenstellungen bieten sich weiterhin für die Startphase.
    Der Startpunkt ist bekannt, das bietet sich für die Neulinge an. Oder durch Karte- Geländevergleich müssen die Teilnehmer erst mal ihren Standort herausfinden. Zur Hilfestellung kann man noch ein entsprechendes Planquadrat angeben, in dem man sich aufhält. Dann bekommt man entweder die Zielkoordinaten oder eine Marschrichtungszahl mit der Entfernung zur ersten Station. Auch die Ausgabe eines Kartenschnipsels als Kartenersatz für die erste Station ist möglich. Wenn man so richtig "fies" ist, dann lässt man die Teilnehmer in der Nähe einer Stromleitung aussteigen oder beginnt dort die Ausbildung. (Wie bereits erwähnt, wird durch die Stromleitung die Magnetnadel abgelenkt, und die seitliche Abweichung zum Ziel ist nun mal direkt abhängig vom Richtungswinkel und der Entfernung). Das aber bitte nicht mit Neulingen machen, die finden die nächste Station dann nur sehr schwer. Wenn die Station dann auch nur zeitweise besetzt ist, dann macht das Orientieren nicht mehr allzu viel Spaß. Für das Team wäre das aber die erste Belastungsprobe.
  4. Stationen
    Ich kann nur empfehlen, viele einzelne Stationen mit einzubauen, bemannte Stationen oder auch sogenannte Briefkästen als Station in die Ausbildung mit zu integrieren. Zum einen gibt es die Möglichkeit unterschiedliche Aufgabe zu stellen, zum anderen "ohne Mampf kein Kampf".
  5. Aufgaben an den Stationen
    Die Stationen können gut ersichtlich sein oder sind versteckt, z.B. in Form eines "Briefkastens". Dort werden die nächsten Zielkoordinaten angegeben. Die Station ist nicht bemannt. Stationen sollten aber auch mit Personal ausgestattet sein um zum Einen was zu Essen und zu Trinken anzubieten oder auch um weitere Aufgaben zu stellen. Damit meine ich nicht nur neue Zielkoordinaten, sodern auch z.B eine Aufgabe in Erster Hilfe. Zugegeben etwas hart, aber wenn fiktiv eine Person der Gruppe plötzlich nicht mehr laufen kann und vom Rest der Gruppe getragen werden muss, dann belastet das schon. (Zeltstangen oder starke Stangen mit zwei Jacken werden gestellt. Die Gruppe muss daraus eine Trage bauen und den Kollegen zur nächsten Station tragen. Hier kommt es darauf an, wen man auswählt :).)
    Die eigene Standortbestimmung auf freiem Feld ist auch sehr reizvoll. Folgendes Szenario macht auch immer Spaß: auf der Station erhält man das nächste Ziel und bekommt 5 Minuten Zeit eine Marschskizze zu erstellen. Alle wesentlichen Inhalte vom Standpunkt zum Zielpunkt, Geländebesonderheiten, Strecken ggf. Richtungen und natürlich die Nordrichtung sollten darauf vermerkt sein. Die Karte wird einfach abgenommen. Die Gruppe muss den Weg zum Ziel nur mit der Skizze finden. Diese Station eignet sich als die letzte vor dem Ziel.
    Das Abseilen an Böschungen oder das Überbrücken von Bächen macht auch Jedem Spaß. Hier muss natürlich eine genaue Einweisung vom Fachmann stattfinden. Das ist nichts für Laien und nicht das Thema dieses Handbuches.
  6. Steigerung der Ansprüche
    Je nach Grad der Kondition und der Beschaffenheit der Gruppen empfehle ich eine Laufleistung von 15, 20 bis 25 Kilometer.
    Und was besonders herausfordernd ist, dass war auch immer ein Grund für eine gesteigerte Anspannung meiner Ausbildungszeit: Der Ausbildungsleiter fährt die Marschstrecken ab und versucht die Gruppen ausfindig zu machen. Wenn die Gruppe erwischt wird, dann wird sie zur letzten Station zurückgefahren.
    Mit Profis kann man dies alles auch bei Nacht machen. Nachtmärsche haben so ihren besonderen Reiz. Wenn auch die Zeit eine Rolle spielt, da die Verpflegungsstation nur zeitweise besetzt ist, dann kommt Freude auf. Der Druck auf den Träger der Karte ist dann enorm ?.
    Aus Sicherheitsgründen sollten alle Gruppe über geeignete Kommunikationsmittel zur Ausbildungsleitung verfügen.

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